Josef Oberberger (1905-1994)

Donauwörth, Stadtpfarrkirche zu unserer lieben Frau, Marienkrönung 1959
Donauwörth, Stadtpfarrkirche zu unserer lieben Frau, Marienkrönung 1959

Die Kunst ist oft ein großer Ärger, doch nicht bei Josef Oberberger. So dichtete Eugen Roth einmal über seinen Freund, dem er zeitlebens eng verbunden war. Die Rede ist von dem Münchner Akademie-Professor Josef Oberberger (1905 – 1994), der als Zeichner, Maler und Illustrator die Kunstlandschaft des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgestaltete. Vierzig Zeichnungen wurden dem Förderverein Gempfinger Pfarrhof e.V. als Schenkung berlassen und sind von Juni an dort zu sehen. Die Bedeutung dieser Sammlung  wird deutlich, denkt man an die Worte des Karikaturisten Ernst Maria Lang, der ihn für einen der größten Zeichner seiner Zeit hielt. Lang mag dabei an den ausdrucksstarken Zeichenstil und an die virtuose und lockere Strichführung des Künstlers gedacht haben, aber auch an den entwaffnenden Humor und hintersinnigen Schalk seiner Zeichnungen, mit denen er die Menschen zum Lächeln, Schmunzeln oder zum Lachen bringen wollte. Dabei sind seine Bilder von einer unglaublichen thematischen Vielfalt: Ironisches und Deftiges, Stilleben und Bewegtes, Atelier- und Biergartenszenen. Es gab nichts, was er nicht darstellenswert fand.

Seine erste Begegnung mit der Kunst hatte der junge Oberberger als Regensburger  Domspatz. Das Erleben der gotischen Domarchitektur mit ihrer besonderen Lichtführung ließ in ihm den Wunsch reifen, Glasmaler zu werden. So kam er von der Musik zur Malerei. Im Jahre 1921 begann er in Regensburg eine Glasmalerlehre. Vier Jahre später wechselte er nach München, wo er an der Akademie der Bildenden Künste seinem Lehrer Olaf Gulbransson begegnete. Der berühmte Künstler und „Simplicissimus“- Karikaturist war sein großer Mentor und lebenslanger Freund. Josef Oberberger wurde durch ihn mit dem Simplicissimuskreis bekannt und schloss Freundschaft mit zahlreichen Künstlern, wie z.B. Eugen Roth, Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Olaf Gulbransson setzte sich auch ganz entscheidend für dessen Berufung als sein Nachfolger an der Akademie der Bildenden Künste in München ein. Zu den zahlreichen Oberberger-Schülern an der Akademie gehörten u.a. Prof. Hilda Sandtner, Hans-Jürgen Kintrup und nicht zuletzt Helmut Christian Walter. Im Jahre 1937 begab sich Oberberger auf seine erste Studienreise nach Frankreich, wo ihn die Kathedralen von Paris, Chartres und Les Mans tief beeindruckten. Die Bilderwelt, die er dort kennen lernte, fand ihren Niederschlag in den von ihm gestalteten Kirchenfenstern. Seine Arbeiten schuf er mit großem Ernst und dem Bewusstsein, in uralter Tradition zu stehen. Dennoch wäre es eine Verkennung seiner künstlerischen Eigenständigkeit, würde man seine Schöpfungen als schlichte Nachahmung der mittelalterlichen Glasmalereien abtun. Der Künstler griff auf den überlieferten Motivfundus zurück, schon um der Harmonie des Innenraumes willen, fand aber stets zu einer eigenen Formensprache, die sich nie in einen Gegensatz zur alten Sakralarchitektur stellte. Schon in jungen Jahren hatte Josef Oberberger bedeutende Aufträge für die Dome von Augsburg, Luxemburg, Naumburg und München sowie für große Kirchen in Speyer und Berlin erhalten, daneben zahlreiche kleinere in seiner oberpfälzischen Heimat und im bayerischen Schwaben. Seine Kirchenfenster leuchten in Gersthofen, Bobingen und Buchloe, wo er die dargestellten Szenen mit großer Erzählfreude gestaltete. Der Krieg bedeutete einen großen Einschnitt im Schaffen des Künstlers. Sein vielversprechender Werdegang kam im Bereich der Glasmalerei weitgehend zum Stillstand. Oberberger leistete Kriegsdienst in der Ukraine. Welch tiefen Eindruck Landschaft und Menschen dort auf ihn machten, geht aus einem Brief

hervor, den er 1941 an seinen Freund Olaf Gulbransson schrieb: .. Hier wächst alles, wie es die Natur will. Ich habe noch nie so eigenartige wilde Bäume gesehen, wunderliche Dorfweiher, Wege, krumm, hoch, tief, wie Flussläufe. Die Dörfer sind hineingewachsen. Dazwischen bewegt sich Mensch, Tier, wie im Paradies ... Man müsste hier Rembrandt sein. ... Diese Eindrücke hielt Oberberger in Zeichnungen fest, die bereits 1944 in München in einer Ausstellung gezeigt und von Künstlerkollegen begeistert aufgenommen wurden.

Grußkarte von Josef Oberberger an den damaligen Stadtpfarrer Dr. Daniel Kessler, 1958
Grußkarte von Josef Oberberger an den damaligen Stadtpfarrer Dr. Daniel Kessler, 1958

 

Die Glasgemälde, die Josef Oberberger nach dem Krieg schuf, machen einen stilistisch ganz konträren Charakter zu den Arbeiten der Dreißigerjahre deutlich. Im Jahre 1958 erhielt er den Auftrag für die Chorfenster des Liebfrauenmünsters in Donauwörth. Die drei Fenster zeigen die Geheimnisse des Freudenreichen und Glorreichen Rosenkranzes. Im Hauptbild ist die Krönung Mariens zu sehen. Die Gottesmutter steht zur Rechten Christi, der sie segnet. Beide tragen eine Krone und sind einander zugewandt. Im Scheitel des Spitzbogens ist Gottvater als rotes Dreieck erkennbar. Die himmlische Szenerie wird von Engeln begleitet. Das Fenster erinnert vom Bildaufbau an das Hochchorfenster im Augsburger Dom, welches Josef Oberberger im Jahre 1954 geschaffen hat. Wie in Augsburg werden die Figuren reduziert und stilisiert dargestellt. Die Szenen der Donauwörther Glasfenster sind überwiegend aus geometrischen Formen (unregelmäßige Rechtecke, Dreiecke, Rauten) aufgebaut und nähern sich in einzelnen Elementen der Abstraktion.In der Farbgestaltung beschränkte sich der Künstler ganz traditionell auf die Farben blau, rot und gelb, wie man sie bei abendländischen Domen und Kathedralen findet. Ein Vergleich mit der Marienkrönung von Bobingen (1937) zeigt Oberbergers stilistische Entwicklung von der realen Darstellung hin zu einer gemäßigten Abstraktion. Im Archiv der Münsterpfarrei befindet sich der Briefwechsel des Künstlers mit dem damaligen Stadtpfarrer Dr. Daniel Kessler. Die meisten seiner Schreiben hatte Oberberger mit humorvollen Zeichnungen illustriert. So stellt er sich auf einer Karte von 1958 als meditierenden Zenmönch dar, der über die Gestaltung der Donauwörther Glasfenster grübelt. Aus der Korrespondenz geht weiter hervor, dass er sich damals bereits mit der Gestaltung der Fenster in den Chorkapellen des Augsburger Domes befasste. Dieser umfassende Auftrag sollte ihn bis 1967 beschäftigen. Die späten Jahre seines Schaffens widmete er „seinem“ Regensburger Dom, wo er noch einmal alle Register seines Könnens zog. Im Jahre 1989 erhielt er seinen letzten Glasfensterauftrag für die Ursula-Kirche in Schnuttenbach bei Gundremmingen. Hier stellte er die Zyklen zur Schöpfung bzw. zur Passion und Auferstehung in einer Weise dar, die für Oberbergers Schaffen technisch und stilistisch singulär ist. Nach Art von chinesischen Tuschezeichnungen entwirft er hier eine Bilderwelt, die mit einem Minimum an Gestalten und Gesten auskommt. – Die verschiedenen Schaffensperioden des Künstlers können wohl nirgends besser verfolgt werden als im bayerischen Schwaben. Für eine Ausstellung, die dem Glasmaler Josef Oberberger gewidmet war, ließ der Bezirk Schwaben deshalb großformatige Stoffbahnen anfertigen, die für die Oberberger-Ausstellung in Gempfing zur Verfügung gestellt werden. So erhält der Besucher einen umfassenden Einblick in das vielfältige künstlerische Wirken.

 

Die Bildergalerie wird am Freitag, 06. Juni, um 19 Uhr im Pfarrhof eröffnet. Den Festvortrag hält der Altbezirkstagspräsident Dr. Georg Simnacher. Die Vernissage wird vom Bläserquintett der Stadtkapelle Rain musikalisch umrahmt. – Die Ausstellung ist von einem lebendigen Programm begleitet. Die Veranstaltungen werden im Pfarrhof durchgeführt, der für diese Zwecke in den letzten Monaten mit zahlreichen ehrenamtlichen Helfern umgebaut wurde. Am Mittwoch, dem 11. Juni, findet um 20 Uhr ein Karl-Valentin-Abend mit dem Münchner „literarischen Spaziergänger“ Dr. Dirk Heißerer statt. Die Lesung wird von der Hofmarkmusik begleitet. Klassische Musik steht am Donnerstag, dem 19. Juni, auf dem Programm, wenn das Duo Fandango zu einer italienischen Serenade einlädt. Mit Cembalo und Gitarre werden Peter Bader und Perry Schack Werke von A. Corelli und L. Boccherini zu Gehör bringen (Zu diesen beiden Veranstaltungen Kartenreservierung unter 09090/9229928). Den Abschluss der Gempfinger Kulturtage bilden das Patrozinium und das Pfarrfest am Samstag, dem 21. Juni. Dieser Abend steht ganz im Zeichen der Volksmusik. Der Gottesdienst um 18.30 wird von der Stemmerhofmusik musikalisch begleitet. Beim anschließenden Pfarrfest (Beginn 19 Uhr) werden die Gruppen Boxgalopp (Bamberg), die Franzosemusik (Krumbach) und die Hofmarkmusik altbaierische, schwäbische und fränkische Tänze aufspielen. Dieser „Bayerische Dreiklang“ wird gemeinsam mit der Volksmusikberatungsstelle des Bezirks Schwaben veranstaltet. Außer zu den oben genannten Veranstaltungen kann die Oberberger-Ausstellung auch an den beiden dazwischenliegenden Sonntagen (8. Juni und 15. Juni) von 14 bis 18 Uhr besichtigt werden. Am 8. Juni sind die Besucher zu Kaffee und Kuchen mit Wiener Kaffeehausmusik eingeladen. Adi Wiesbeck, ehemaliger Geiger am Augsburger Stadttheater, wird dabei von seiner Frau Gertraud auf dem Akkordeon begleitet.